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Die Bauernkapelle Egg auf Europatour

Adolf Willi hat mir vor einigen Jahren ein selbstverfasstes Manuskript über die Egger Bauernkapelle zukommen lassen. Einige Auszüge daraus teile ich nun gerne mit euch.

Es ist schon faszinierend, dass diese Kapelle in den 1950er Jahren bereits europaweit mit dem Flugzeug und Schiff unterwegs war, wo man zuhause bestenfalls mit dem Moped herum gedüst ist.

 

Die Tanzmusik hat in Egg eine lange Tradition.


Die Egger Tanzkapelle aus dem Jahr 1876


Aus dieser Tanzmusik ist der Musikverein Egg entstanden.


 

Egger Tanzkapelle um 1900.


 

Das Egger Riebl Orchester 1933.


 

Der zweite Weltkrieg forderte auch im Musikverein Egg seine Opfer. Diese Lücken wurden nach dem Krieg mit jungen Musikanten aufgefüllt. Somit war der Generationswechsel im Verein vollzogen.


Der Fremdenverkehr keimte auch in unserer Gemeinde wieder langsam auf und die Gäste wollten unterhalten werden. Auch die einheimische Bevölkerung freute sich auf ein paar heitere Stunden nach den Kriegsjahren.

 

Die sogenannten Bauernkapellen waren meist eine kleinere Tanzmusik Formation aus den örtlichen Musikvereinen im Bregenzerwald. Ausser den Eggern waren damals auch die Langenegger und Andelsbucher Bauernkapellen sehr bekannt und auch beliebt.

 

Leo Weidinger hatte nach seinem Studium am Mozarteum in Salzburg (Klavier und Klarinette) den Musikverein Egg übernommen.


Musikverein Egg 1952.


Der junge und dynamische Kapellmeister Leo Weidinger erkannte die Zeichen der Zeit und wollte wieder eine Tanzkapelle. So hat Leo Weidinger im Herbst 1954 einige, ihm geeignete Musikanten in die hintere Stube im Gasthof Taube eingeladen.

 

Leo Weidinger versammelte nur erfahrene Musikanten um sich, die mitunter auch in ihren 'eigenen' Tanzkapellen musizierten.


Es waren dies: Leo Weidinger Akkordeon, Anton Brändle Schlagzeug, Karl Fetz Tenorhorn, Oswald Feurstein Flügelhorn/Trompete, Paul Hammerer Flügelhorn/Trompete, Heinrich Hammerer Bass und Adolf Willi Klarinette.


Die bekannte Hammerer Musig aus Egg.

v.l.n.r.: Paul und Heinrich Hammerer, Karl Fetz, Helmut Hammerer.

Alle ausser Helmut waren auch im Musikverein Egg.


d'Hammerer Musig.

v.l.n.r.: Heinrich Hammerer, Helmut Hammerer, Adolf Willi, Paul Hammerer.


d'Briso Musig aus Egg.

v.l.n.r.: Kaspar Feurstein, Vater Otto Feurstein, Oswald Feurstein, Christian Feldkircher.


 

Man war sich bald einig, dass man zwischendurch auch modernere Tänze und Schlager spielen musste, wenn man den Anforderungen der Zeit gerecht werden wollte. Man darf nicht vergessen, dass damals die sogenannten 'Schieber' bei der älteren Generation als unzüchtige Tänze angesehen wurden.

 

Das war die Gründung der Bauernkapelle Egg.


Danach wurde fleißig geprobt und schon bald häuften sich die Auftritte. Es kamen sogar Anfragen aus Deutschland und der Schweiz.


Bauernkapelle Egg.


Am Muttertag 1953 ist der Musikverein Egg erstmals in der neuen Uniform ausgerückt.

 

1957 wurde die Bauernkapelle Egg von der Österreichischen Fremdenverkehrswerbung nach Nijmengen, Niederlande eingeladen. Bei der sogenannten Österreichwoche absolvierte die Bauernkapelle mehrere Auftritte.

 

Die Bauernkapelle auf dem Bodenseeschiff 'Österreich'.


 

Der absolute Höhepunkt war aber die Einladung der Österreichischen Hotelplan AG (Reisebüro) zu einer Werbetour nach Großbritannien und Belgien im Jänner 1958.


Leo Weidinger erkannte diese einmalige Chance und hatte in kürzester Zeit die Zusage aller Mitglieder. Dazu gewinnen konnte Leo Weidinger auch den Klarinettisten Ludwig Bertel aus Langenegg, der bei größeren Sachen gerne aushalf.


Bauernkapelle Langenegg (Bossen Musig).

v.l.n.r.: Willi Slappnig, Kurt Schedler, Franz Ibele, Ludwig Bertel, Elmar Bilgeri, Josef Bader, Baptist Eugster.

Ludwig Bertel war ausserdem Kapellmeister des Langenegger Musikvereines.


Bertel schrieb grossteils die Stücke für die Egger Bauernkapelle und die Titel 'Auf der Kanisfluh' und 'Frohe Sommerzeit'wurden vom ORF 1958 und 1962 aufgenommen.


Dieser Titel erschien auch auf der 1. Single Schallplatte der Bregenzerwälder Dorfmusikanten.


 

Natürlich musste man dem Organisator, Herrn Nowosansky von der Hotelplan AG zuerst vorspielen, da neben den Eggern noch eine weitere Kapelle im Rennen war. Neben der musikalischen Bewertung waren sicher auch die rasche Zusage, Pünktlichkeit und Disziplin ausschlaggebend, dass die Wahl auf die Egger Bauernkapelle fiel.


Ehe es soweit war, musste man noch die Schuhplatter- und Trachtengruppe aus Mayrhofen im Zillertal kennen lernen, die auch mit dabei war. Dazu fuhr man am 28.12. 1958 mit dem Zug nach Jenbach, Tirol und von dort mit der Zillertalbahn nach Mayrhofen. Beim Kramerwirt, der Juniorchef war bei der Trachtengruppe, absolvierte man dann einen gemeinsamen Abend vor vielen Gästen. Eine junge deutsche Dame wollte dort Adolf Willi als Schilehrer engagieren.

 

Am nächsten Morgen ging die Tournee los mit dem Zillertaler Bus. Von Mayrofen fuhr man zurück nach Jenbach, dort wartete schon die Sängerin Hilde Meixner aus Innsbruck und der Organisator. Danach ging die Reise weiter nach Deutschland. Im Bus war es sehr laut und die Egger mussten sich zuerst an das Temperament der Tiroler gewöhnen. Die ganze Nacht wurde durchgefahren bis nach Aachen. Dort gab es eine Frühstückspause. Danach ging es weiter bis nach Oostende in Belgien. Dort gab es ein Abendessen (die Meeresfrüchte sollen nicht allen Eggern geschmeckt haben) und eine Übernachtung.


Am nächsten Morgen ging es auf die Fähre nach Dover. Fasziniert beobachteten alle die Verladung des Busses.

Die Kanalüberfahrt war nicht gerade lustig. Hohen Wellen ließen das Schiff schwanken und einige mussten sich an der Reling übergeben.


Nach einem kurzen Aufenthalt in Dover ging die Reise weiter nach London.

Zur grossen Überraschung erwartete die Egger im Hotel nicht nur 'Gamswirt's Günther' aus Bezau sondern auch ein Telegramm für Leo. Das Telegramm enthielt die Nachricht, dass s'Annele einen gesunden Buben (Christoph) zur Welt brachte. Leo und Adolf teilten sich ein Zimmer und dort wurde dann mit Sekt auf das freudige Ereignis angestossen.


Leo Weidinger liest das Telegramm aus der Heimat vor.


Am nächsten Tag ließ man dann die Eindrücke der großen Stadt auf sich wirken.


Die Tournee Truppe vor dem Buckingham Palace.


Die Stellprobe in der Westminster City Hall lief nicht problemlos ab. Der Handorgler der Tiroler war nicht immer spielbereit, wenn Herr Nowosansky das Zeichen zum Einsatz gab. Es kam zu einem heftigen Wortwechsel und der Handorgler warf schließlich Nowosansky sein Glasauge nach.


Ein interessante Anekdote hat mir Ludwig Bertel erzählt. Eine Stunde vor dem großen Auftritt, sei Herrn Nowosansky eingefallen, man müsse am Anfang die Nationalhymne 'God save the Queen' spielen. Die Truppe kannte die Hymne natürlich nicht und niemand hatte Noten. Ludwig Bertel ließ sich die Hymne von einem Engländer vorsingen und schrieb in aller Eile die Noten für die Musikanten auf einen Schreibblock.


Der Auftritt in der Westminster City Hall wurde damals vom Fernsehsender der BBC live übertragen.


Sängerin Hilde Meixner mit Akkordeon, Tone Brändle mit Gitarre und Ludwig Bertel mit der Zither.


Die Tournee ging weiter in Großbritannien - Bristol, Cardiff, Manchester, New Castle, Bradford und Nottingham wurden besucht. Die Busfahrten durch das Land im Jänner waren eintönig, karg und ausser ein paar Schafen gab es nicht viel zu sehen.


Vorarlberger Nachrichten 22.1.1958


In den Städten ist man in großen Hallen, Sälen, aber auch in methodistischen Liturgieräumen aufgetreten. Die Truppe empfand es als komisch, dass man in einer Kirche musizieren und schuhplatteln darf. Andererseits gab es auch, dass die Tiroler Freunde auf einem Marmortisch in einem First Class Hotel geschuhplattelt haben.


Die Aufführungen waren immer gut besucht. Man wollte Autogramme von den Austrian Boys und speziell Sunnyboy Tone Brändle soll von den jungen Damen umgarnt worden sein.


 

Danach ging es wieder zurück nach Dover, mit der Fähre nach Oostende und dann nach Brüssel.


Beeindruckend für die Egger Bauernkapelle war das noch nicht ganz fertigestellte Atomium, das für die Weltausstellung (Expo 1958) errichtet wurde.


Auftritt der Bauernkapelle Egg beim Belgischen Fernsehen

 

Nach drei Wochen traf die Bauernkapelle Egg wieder wohlbehalten in der Heimat ein.


Am Egger Bahnhof bei der Ankunft.

vorne von links: Paul Hammerer, Tone Brändle, Heinrich Hammerer, Ludwig Bertel.

hinten von links: Adolf Willi, Leo Weidinger, Oswald Feurstein, Karl Fetz.


Adolf Willi schreibt: 'Wir haben in den letzten drei Woche so viel Neues und Einmaliges gesehen und erlebt. Und trotzdem das Hereinfahren mit dem Wälderbähnle, die Ankunft in Egg und Löwenwirt's Marie, die uns entgegenkam - das war Heimat, die durch nichts anderes ersetzt werden kann' .


Vorarlberger Nachrichten 30.1.1958



 

Die Bauernkapelle folgte Einladungen zu den Österreichwochen in Bern, Schweiz, wo sie im Konzerthaus einen Empfang der Schweizer Bundesregierung umrahmten.


Ein Engagement war die Begleitung eines Sonderzuges der italienischen Telefon- und Telegraphen AG von Tarvis nach Wien, Salzburg und Innsbruck. In Wien spielte man auch in die Sophiensälen.


Die Bauernkapelle in Wien.


 

Die Bauernkapelle spielte auch in der Wiener Hofburg beim Internationalen Fremdenverkehrskongress.

 

Ein weiterer Höhepunkt war die Einladungen zum Ball der Österreicher nach Berlin


Die Bauernkapelle vor dem Abflug nach Berlin.


 

Die Bauernkapelle im Löwen in Egg.


 

Das Eggen Zentrum 1960.


 

Ludwig Bertel spielte bis 1962 bei der Egger Bauernkapelle. Bertel spielte längst mit den Hammerer Brüdern zusammen, zuerst als Bertel-Hammerer Musig, dann ab 1959 als die Bregenzerwälder Dorfmusikanten.


Leo Weidinger übernahm Anfang der 1960er Jahre die Geschäfte seiner Mutter und somit war die Bauernkapelle 1965 Geschichte.


 

Das Beste kommt wie immer zum Schluss.


Einladung zum Schützenfest in Varel, in der Nähe vom Bremen, 1960.


Man reiste mit dem Bus nach Stuttgart, dann mit dem Flugzeug, mit Umsteigen in Frankfurt, nach Bremen. Die Bauernkapelle spielte 4 Tage, was sehr anstrengend war. Auch beim 6-stündigen Festumzug wurde gespielt. Während des Umzuges gab es Zwischenstopps, wobei nicht wenig Alkohol floss. Man trank hauptsächlich 'Lüttje Lage'. Dabei wird in einer Hand ein Bierglas und Schnapsglas gehalten. Der Schnaps fließt nach und nach ins Bierglas. Irgendwann musste Heinrich Hammerer im Rot-Kreuz Zelt versorgt werden.


Die Bauernkapelle in Varel.


 

Ich möchte mit recht herzlich bedanken für das Bildmaterial und die Informationen bei Ludwig Bertel Langenegg, Luis Weidinger Egg und für die Bereitstellung der Bauernkapelle Chronik bei Adolf Willi.

 


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Alle meine Blog Beiträge sind unentgeltlich. Aber ich würde mich sehr über einen Besuch in meiner kleinen Bar in Egg, Großdorf freuen.


Klaus Riezler.

 
 





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