Woher kommt der Strom? Natürlich aus der Steckdose! Aber wer hat's erfunden, heisst es so schön in der Ricola Werbung. War 1908 bei der Eröffnung das Elektrizitätswerk Andelsbuch das grösste und leistungsfähigste Kraftwerk in der Monarchie, kann es heute gerade einmal ein Viertel des Bregenzerwälder Stromhungers stillen. In Zeiten von unerklärlichen inflationären Strompreisen und dem häufiger von den Medien herbeigeschriebenen Ausdruck 'Blackout' ist es an der Zeit, die 'Stromgeschichte' des Bregenzerwaldes genauer zu betrachten.
Seit Jahrhunderten wird die Wasserkraft der Bregenzerache und ihren Nebenbächen von den Menschen genutzt. Für die Wasserkraft braucht man zwei Dinge: Wasser und Gefälle. Beides ist im Bregenzerwald reichlich vorhanden.
Denken wir an die Flösser im 19. Jahrhundert, die Holzstämme auf der Ache bis nach Bregenz beförderten.
Denken wir an die zahlreichen Mühlen in den Gemeinden, die alle mit einem Wasserrad angetrieben wurden und die Mühlsteine bewegten. Als am Anfang des 19. Jahrhundert die Fettkäse Erzeugung im Bregenzerwald Fuß fasste, wurde von Ackerbau auf Viehzucht umgestellt und die Mühlen verschwanden allmählich.
Bereits um 1910 war die Bruggmühle in Egg die einzige verbliebene Mühle in der Talschaft.
In fast allen Ortschaften zeugt der Weiler- Flur- oder Hausname 'Mühle' von den einstigen Mühlen.
Die Wasserräder im Bregenzerwald haben über Transmissionen Sägewerke angetrieben und in vielen Handwerksbetrieben die Maschinen bewegt.
Als man um 1830 den Stromgenerator erfand, war es erstmals möglich Bewegungsenergie in Stromenergie umzuwandeln. Später kamen neue Erfindungen hinzu und es war möglich mit Strom auch Licht, Wärme und Kälte zu erzeugen.
Diese Geschichte zeigt, wie der Bregenzerwald durch Wasserkraft elektrifiziert wurde und wer die Männer dahinter waren.
Der deutsche Werner von Siemens brachte den ersten brauchbaren Elektromotor 1866 zur Serienreife.
Bereits am 10. August 1881 konnte Kaiser Franz Joseph I. bei einem Besuch in Dornbirn die erste Außer- Haus-Telefonanlage der österreichisch-ungarischen Monarchie zwischen der Spinnerei Gütle und dem Hauptbüro der Firma F. M. Hämmerle in Dornbirn-Oberdorf feierlich in Betrieb nehmen. Diese Analge funktionierte mit Schwachstrom.
Die erste elektrische Anlage in Vorarlberg stand in der Rotfärberei der Firma F.M. Hämmerle in Dornbirn, Fischbach. Sie beleuchte die Fabrikshalle bereits 1884.
Pionier Friedrich Wilhelm Schindler. 1856 bis 1920.
Friedrich Wilhem Schindler kam 1856 im Glarus in der Schweiz als Sohn eines Textilfabrikanten zur Welt. Die Familie Schindler gehörte wie die Familie Jenny zum Stand der Schweizer Ratsherren. Die Familien Jenny & Schindler betrieben 2 Textilwerke in Hard und Lauterach. 1838 wurde in Kennelbach, dass damals zur Gemeinde Rieden gehörte, eine grosse Baumwollspinnerei eröffnet, die mit Wasserkraft von der Bregenzerache gespeist, betrieben wurde.
1881 besuchte Schindler die Internationale Elektrizitätsausstellung in Paris.
Das Ausstellungsgelände am Champs-Élysées.
Unter anderem wurde der erste Dynamo von Zénobe Gramme gezeigt, Thomas Alva Edison präsentierte die gerade erst patentierten Glühlampen, das stereofone Théâtrophone wurde in einem Saal vorgeführt, Werner von Siemens richtete eine erste elektrische Straßenbahn mit Stromzufuhr durch eine Oberleitung ein, Alexander Graham Bell zeigte das erste kommerzielle Telephon, ein Elektroverteilnetz von Marcel Deprez wurde dargestellt, und Gustave Trouvé zeigte sein experimentelles Elektroauto, das heute als das erste seiner Art gilt.
Die Strassenbahn von Siemens.
Nun erkannte Schindler die Bedeutung der Elektrizität und erwarb einen Edison Stromgenerator. Der Generator wurde 1882 an die Transmission angeschlossen und lieferte nun Lichtstrom für die Baumwollspinnerei und die beiden Villen der Familie. Das hier das erste elektrische Licht in der Monarchie brannte, gehört allerdings ins Reich der Märchen.
Nach München 1882 war Wien 1883 Austragungsort der Internationalen Elektrischen Ausstellung.
Das elektrische Haus.
Die prunkvolle Villa Grünau hatte Schindler 1887 anlässlich der Hochzeit mit Maria Margaretha Verena Jenny von seinem Vater Samuel Wilhelm als Geschenk bekommen.
Das Anwesen wurde mit Strom beheizt, in der Küche stand ein Elektroherd, im Salon befand sich ein elektrisches Samovar und die bediensteten benutzten ein elektrisches Bügeleisen.
Maria Schindler mit Sohn Fritz.
Friedrich Schindler erwarb Anteile von seinem Vater und stieg 1888 in das elterliche Textil Unternehmen ein.
Die Villa Grünau gehört heute der Gemeinde Kennelbach.
Der Musiksalon.
1886 entwickelte der junge Abteilungsleiter Charles Brown bei der Oerlikoner Maschinenfabrik eine Gleichstromkraftübertragung.
Diese Kraftexpendierung kam in den Jenny & Schindler Werken in Liebenstein 1889 und Rieden 1891 zum Einsatz.
1891 gründete Brown mit seinem Partner Walter Boveri einen späteren Weltkonzern.
Die Kohlefaden Glühbirne trat ihren Siegeszug um die Welt an.
1891 liess Schindler in der Parzelle Bregenz-Weidach ein weiteres Kraftwerk errichten.
1892 wurde das Bregenzer Hafengelände und die Eisenbahngründe elektrifiziert. Das Hotel Montfort war das erste Hotel in Bregenz mit Strom.
Schindler's Pionierleistung bestand darin, aus Strom Wärme zu erzeugen.
(Bügeleisen, Herdplatten etc.)
1893 stellte Schindler auf der Weltausstellung in Chicago, USA die erste vollelektrische Küche der Welt aus und errang eine Goldmedaille.
1898 gründete Schindler die Elektra Bregenz.
Für die Finanzierung grösserer Kraftwerke entstand die Firma Elektrowerke Jenny & Schindler OHG.
Friedrich Schindler 1903.
Ich habe mich vor zwei Jahren lange mit Enkel Beat Schindler unterhalten. Ich durfte auch zwei Tage in seinem Archiv wühlen. Herr Schindler hat mir erklärt, dass die grösste Herausforderung für seinen Großvater darin bestand, die richtigen Metalllegierungen zu finden, die die zugeführte Hitze aushielten, weitergaben, aber nicht zerstört wurden. Auch Keramik entpuppte sich als idealer Wärmeleiter.
Ing. Beat Schindler in seinem Archiv.
Der Verkaufskatalog von 1908.
Das Kraftwerk in Weidach/Rieden wurde immer wieder erweitert. In den wasserarmen Monaten konnte die Bregenzerache mit dem geringen Gefälle und ohne Stausee längst nicht mehr genügend Wasser liefern. 1903 folgte der Bau eines Dampfkraftwerkes, das mit Kohle betrieben wurde.
Die Kohle wurde vom Bahnhof Bregenz mit Pferdefuhrwerken heran gekarrt.
1907 wurde für dieses Kraftwerk die Firma Elektrizitätswerke Jenny & Schindler gegründet.
Pionier Josef Anton Sutter, Mellau. 1851 bis 1938.
1875 konstruierte Josef Anton Sutter aus Mellau die erste Dampfmaschine im Bregenzerwald. Diese trieb seine Schmiede und Schlosserei in der Hinterbündt 107 an.
1877 brach in dieser Werkstatt Feuer aus. Das Haus von Sutter und zwei weitere Häuser wurden ein Raub der Flammen.
Feldkircher Zeitung 16.6.1877
Bereits 1870 war eine Schmiede am Dorfplatz Ausgangspunkt für den grossen Mellauer Dorfbrand.
Der Weiler Klaus am Ortseingang von Mellau war damals gemeine Viehweide. Dort erhielt Sutter einen Bauplatz mit der Auflage ein in Stein gemauertes Gebäude am Ortsrad zu errichten. Dieses heute vergilbte Haus befindet sich immer noch im Originalzustand und ist Zeuge seiner höchst innovativen Bewohner.
1886 baute Josef Anton Sutter ein elektrisches Kraftwerk für sein Haus in der Klaus. Dieses Kraftwerk lieferte den ersten elektrischen Strom im Bregenzerwald. Sein Haus befand sich nicht von ungefähr am Zulaufkanal der Klausmühle. Dieser Kanal lieferte nun auch das Wasser für das Kraftwerk, dass über Transmissionen die Maschinen in der Werkstatt betrieb und Lichtstrom für die Werkstatt und die Wohnung lieferte.
Die Stromerzeugung zu Beleuchungszwecken war damals eine Sensation. Viele Besucher, insbesondere Gastwirte begutachteten diese technische Neuheit.
Dieses Bild entstand vor dem grossen Dorfbrand von 1870. Zu sehen ist der Weiler Klaus mit dem (Mühlekienar) Zulauf für die drei Wasserräder der Klausmühle. Die Mühle wurde bereits im 19. Jahrhundert zu einem Sägewerk umgebaut.
Die Klausmühle mit Gasthaus und Sägewerk um 1930. Heute befinden sich auf diesem Platz die drei Pestkreuze.
Sutter galt als absolutes Konstruktion Genie in Österreich, wohlhabend ist er aber nie geworden. Dieser Heuaufzug (später von Sohn Martin elektrifiziert) war in vielen Scheunen in im Bregenzerwald und ganz Österreich montiert.
Demonstration in Hirschau. Josef Anton Sutter an der Kurbel.
Vorarlberger Volksblatt 30.3.1900
Sutter erhielt bei der landwirtschaftlichen Ausstellung in Mondsee eine Silbermedaille für seinen Heuaufzug.
Beim Jahrhunderthochwasser von 1910 stand bei der Familie Sutter das Wasser im ersten Stock. Die Familie musste von der Feuerwehr evakuiert werden. Evakuiert wurde auch eine Schreibtischschublade, in der sich die Messinghülse mit dem Wasservertrag der Klausmühle von 1500 befand. Die Schublade fiel ins Wasser. Die Hülse wurde später beim Wasserrechen in der Klausmühle gefunden, das Papier war jedoch zerstört. Darauf gewähre man dem jeweiligen Mühlenbesitzer auf weltewige Zeiten das Recht, der Ache soviel Wasser zu entnehmen, wie man brauche.
Josef Anton Sutter mit seinen Söhnen Emil und Martin vor dem Haus in der Klaus in Mellau nach Ende des Weltkrieges.
Gut zu sehen ist der Wassereinlauf für die Kraftwerk Turbine.
1933 hat Martin Sutter das Wasserrad durch eine Francis Schachtturbine ersetzt, die er einschliesslich des Laufrades und der Leitschaufel selbst anfertigte.
Das Kraftwerk in der Klaus nach dem Umbau 1933.
Gemeindeblatt2.12.1956
Sohn Othmar Sutter bei der Arbeit in den 1970er Jahren.
Martin Sutter, der die herrliche Gabe hatte, über seine eigenen Witze am lautesten zu lachen. Martin erschien einmal bei der Musikprobe versehentlich mit einem schwarzen und einem braunen Schuh. Als man ihn darauf ansprach antwortete er hämisch. Zuhause habe ich noch einmal akkurat das gleiche Paar.
Nach dem Ableben von Martin Sutter brachte Sohn Erwin Sutter noch drei Patente zur Anmeldung.
Pionier Alois Rechensteiner, Egg. 1853 bis 1940.
1889 wurde in der Rotgerberei Rechensteiner an der Hub in Egg das erste Turbinenkraftwerk im Bregenzerwald eingebaut. Das Kraftwerk betrieb über Transmissionen die Gerberei und lieferte Lichtstrom.
Es gab Egger, denen das nicht geheuer war und sie wagten nicht, das Rechensteiner Haus zu betreten.
Das Kraftwerk wurde 1902 umgebaut und die Turbine wanderte nach Andelsbuch zur Anton Egender Säge im Itter, wo sie 1907 eingebaut wurde.
Das neue Kraftwerk der Firma Rechensteiner.
Das Kraftwerk versorgte auch die Nachbarhäuser, die Bahnhofrestauration, das Gasthaus Post und die Metzgerei im Gasthaus Taube.
Hier bot Rechensteiner Teile seines Kraftwerkes zum Verkauf an.
Gemeindeblatt 29.11.1905
Armella Sutterlüty, Konrad Büchele und Julia Fink mit den Kindern Katharina und Erich Sutterlüty. Im Hintergrund die Rotgerberei der Familie Rechensteiner um 1932.
1903 wurde die Rainertobel Wassergesellschaft gegründet, da auch andere Kleinkraftwerke an der Hub enstanden. 1894 Brauerei Egg, 1903 Johann Kaspar Sutterlüty, 1903 Kaspar Felder.
Das Wasser wurde in Zementrohren vom Wasserschloss im Rainertobel hergeleitet und in den Huberbach geführt.
Das Kraftwerk am Schmittenbach von Michael Moosbrugger, das der neuerbauten Bruggmühle ab Jänner 1898 elektrischen Strom lieferte. Es wurde damals an dieser Stelle errichtet, da hier etwas mehr Gefälle herrschte, als neben der Bruggmühle.
Pionier Albert Loacker, Rankweil. 1873 bis 1956.
Loacker war Schlosserlehrling in der Spinnerei Rosenthal in Rankweil ab 1888.
Er besuchte von 1890 bis 1892 die Gewerbeschule in Reichenberg in Böhmen. 1893 kam er bei einer der in Europa führenden Elektrofirmen, Ganz und Co in Budapest unter, wo damals schon Drehstrommotoren und „große" Transformatoren gebaut und erprobt wurden. Nachdem er noch einige Zeit bei der ungarischen Elektrizitäts AG als Monteur im Installationswesen gearbeitet hatte, kehrte er nach Rankweil zurück und eröffnete
dort 1897 das 1. Elektro-Installationsgeschäft des Landes.
1902 übersiedelte er nach Bregenz, wo er die Konzession zur , Gewerbsmäßigen Herstellung von Anlagen zur Leitung von Elektrizität zu Zwecken der Beleuchtung, Kraftübertragung und sonstigen gewerblichen und häuslichen Anwendung' erwarb.
Bereits 1899 hatte er zudem in Schwarzach (Schwarzachtobel) auf eigene Rechnung ein Kraftwerk erbaut (2 x 60 kW). Damit versorgte er die Gemeinden Schwarzach und Wolfurt und ab 1903 auch Lauterach. Auch die Ortsnetze wurden von ihm errichtet.
Loacker war auch für die Ausarbeitung und Errichtung der ersten grossen Kraftwerke im Bregenzerwald zuständig. Die Kraftwerke in Au und Bezau wurden 1900 eingeweiht.
Pionier Josef Feuerstein, Bezau. 1852 bis 1907.
Josef Feuerstein (Müxele) begann Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Elektrofachmann Ing. Albert Locker aus Bregenz die Planung einer Stromerzeugungsanlage unter Nutzung des Wassers der Bregenzerach in Ellenbogen. Mit der Inbetriebnahme 1900 erhielt Bezau als erste Gemeinde des Bregenzerwaldes elektrisches Licht.
Ziegelfabrik Feuerstein und Wasserzufuhr für das E-Werk.
Über einen ca. 300 m langen Kanal wurde das an der Mündung des Bizauer Baches in die Bregenzerache entnommene Wasser auf eine Turbine geleitet, die über Riementrieb einen 50-k W-Gleichstromgenerator antrieb. Die erzeugte elektrische Energie, 240 V Gleichspannung, wurde zum Teil in der eigenen Ziegelei, zum größeren Teil allerdings zur Stromversorgung von Bezau und Teilen von Reuthe verwendet
Bezau, Ellenbogen um 1905 mit dem Schlot der Ziegelfabrik und dem Wohnhaus daneben, das Kaspar Ritter geplant und Giovanni Bertolini (beide aus Egg) erbaut hat.
Das Ziegelwerk wurde nach dem Weltkrieg aufgelassen und ein Sägewerk wurde errichtet.
Pioniere Johann Michael Natter. 1953 bis 1909 und Peter Anton Simma. 1854 bis 1929, beide Au.
Schlossermeister Michael Natter betrieb 1890 bereits seine Schlosserei (heute Sägarstüble) mit einem Kleinkraftwerk. Vor 1900 tat er sich mit Rösslewirt Peter Anton Simma zusammen und die Firma Simma, Natter und Co. wurde gegründet. Diese Firma kaufte das Sägewerk im Argenzipfel am Argenbach.
Im Hinterhaus wurde die Säge betrieben. Im gemauerten Untergeschoss wurde das E-Werk eingerichtet und darüber befand sich die Wohnung für die Kraftwerks- und Sägereibetreiber.
Die Anlage wurde von Albert Loacker geplant und errichtet. Sie ging 1900 in Betrieb. Sie lieferte Strom für die Gemeinde Au und den eigenen Sägewerksbetrieb.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Sägewerk aufgelassen und die Gemeinde Au übernahm das E-Werk.
Wie wurde der Strom transportiert?
Damals (um 1890) verlegte man blanken Kupferdraht in hölzernen, sogenannten Nutleisten, die man zur besseren Isolierung mit heißem Paraffin auspinselte. Später kamen dann isolierte Drähte dazu, die nur mit Baumwolle umsponnen und geteert waren und noch später dann solche, die eine dünne Gummischicht direkt auf dem Kupferdraht hatten und über diesem dann erst die Baumwollisolation, die wieder in Teer getränkt war. Ältere Personen können sich erinnern, daß in den Zwanzigerjahren noch solche baumwollumsponnenen Leitungsdrähte, die paarweise gekordelt waren, frei an den Wänden und Decken der
Zimmer verliefen. Die Befestigung erfolgte mittels kleiner Porzellanisolatoren, die im Abstand von ca. 0,5 m am Täfer festgeschraubt waren. Zu Beginn der Dreißigerjahre wurden die Leitungsdrähte dann in leichten, durchgehenden Aluminiumrohren geführt, wodurch doch schon ein wesentlich besserer Schutz vor Beschädigungen gegeben war.
Pionier Johann Kaspar Simma, Egg. 1860 bis 1908.
Kaspar Simma war Löwenwirt, bedeutender Käsehändler, Hauptaktionär der Brauerei Egg und Gründungskapellmeister des Musikvereines Egg.
In Anbetracht der sich nun anbahnenden Entwicklung befaßte sich die Gemeinde Egg bereits im Jahre 1900 mit dem Projekte, die Wasserkraft der Bregenzerach in Melisau zu erfassen und bei der Tuppenbrücke damit ein Elektrizitätswerk zu betreiben. Den Stein ins Rollen brachten Löwenwirt Kaspar Simma, Braumeister Ach und Kaspar Kohler (Klölar).
Das Projekt scheiterte, weil die erreichbare Kraft im Verhältnis zum Kosten Aufwand und zum gegebenen Bedarf zu klein war und deshalb nicht die genügende Rentabilität erwarten ließ.
Das Zentrum von Egg um 1901.
Ende 1903 fand sich neuerdings eine Anzahl Bürger zusammen und griff den Gedanken der Gründung eines Elektrizitätswerkes mit Benützung der Wasserkraft der Bregenzerache von neuem auf. Nach mehreren Besprechungen im kleinen Kreise fand am 17. Jänner 1904 im Gasthof „Ochsen" in Egg eine von 32 Mann besuchte Versammlung statt, die ein Aktionskomitee bildete und dasselbe beauftragte, Pläne und Voranschläge anfertigen zu lassen und die Gründung der Gesellschaft zu erwägen.
Im Sinne des erhaltenen Auftrages ließ das Komitee durch Ing. Julius Rhomberg aus Dornbirn ein Projekt ausarbeiten, das bei einer Wasserfassung nahe den Pfeilern der alten Fluhbrücke eine Leistung von 320 PS ergeben hätte. Nachträglich wurde dieses Projekt durch die Firmen „,Österr. Siemens-Schuckert-Werke" und „,Landthaler und Madile" teilweise abgeändert und ergänzt.
Im Jahre 1905 wurde zur Gründung des Konsortiums geschritten, wobei die Konstituierung unter bedeutender Beteiligung der Bevölkerung vor sich ging. Schließlich beschloß die Gemeinde, das Werk selbst zu erbauen. Das Konsortium blieb dabei die leitende Hand und die Seele des Unternehmens.
Vorarlberger Landeszeitung 14.1.1905
Mittlerweile nahm auch das Andelsbucher Kraftwerk Projekt Fahrt auf.
Vorarlberger Volksblatt 21.4.1905
Ein Bericht über die Entwicklung der Stromgewinnung im Bregenzerwald wäre jedoch unvollständig, würde nicht auch das Tauziehen zwischen den Kraftwerken Andelsbuch und Egg erwähnt. „Hinter den Kulissen" war nämlich schon ziemlich bald ein Konkurrenzkampf zwischen der Firma Jenny & Schindler, die ja zur gleichen Zeit in Andelsbuch ein „Großkraftwerk" erstellen wollten und den Betreibern für den Bau eines ,eigenen Werkes" in Egg entbrannt. Die „Andelsbucher" waren natürlich an dem nahegelegenen, relativ großen Absatzgebiet Egg für ihren „eigenen" Strom ebenfalls sehr interessiert.
Ankündigung der kommissionellen Begehung am 19. April 1905.
Sie boten daher den Eggern immer wieder Stromlieferungsbegünstigungen
an, wenn diese von ihrem Vorhaben abstehen würden. Dies führte schließlich Anfang 1906 zu einer gemeindeeigenen Volksabstimmung über dieses Thema, die wohl eine der ersten Volksbefragungen über einen Kraftwerksbau in Österreich sein dürfte. Die Initiatoren bzw. die Gemeindeväter rechneten dabei allerdings wohl von vornherein mit ziemlich vielen unentschlossenen bzw. technisch überforderten Gemeindebürgern. Deshalb wurde bekanntgemacht, daß nicht abgegebene Stimmen der Stimmenmehrheit zugerechnet werden, aber andererseits für einen Baubeschluß eine 2/3-Mehrheit erforderlich ist und auch dies nur dann ausreicht, wenn diese auch mindestens 2/3 aller Gemeindesteuern erlegen.
1906 wurden diese Forderungen durch Gemeindebeschluß akzeptiert. Bei der nun folgenden Volksabstimmung, die über den Bau nach den vom Konsortium erstellten Bedingungen entscheiden sollte, ergaben sich 170 Ja- und 115 Nein-Stimmen. Das war ein eindeutiger Volksentscheid der eine sofortige Handlung ermöglichte. Es wurde ein neungliedriges Komitee gewählt, das die für den Bau weiter notwendigen Arbeiten
veranlassen sollte und im Namen der Gemeinde zu verhandeln hatte, während das vorhergehende Konsortium sozusagen auf privater Basis tätig gewesen war. Obmann des Baukomitees wurde Kaspar Simma.
Vorarlberger Landesleitung 26.1.1906
Kurz vor Abschluß der Verträge wurde ein neuer Standort der Wasserfassung, und zwar bei den Geschwistern Kaufmann in der Au (Kohlgrub) , in Erwägung gezogen, wodurch das Gefälle um 5 m erhöht und eine um 150 PS größere Leistung erzielt werden konnte.
Die Wasserfassung in der Kohlgrub.
Die Firma Siemens-Schuckert erstellte nun ein Offert für den Bau des ganzen Elektrizitätswerkes sowie eine voraussichtliche Rentabilitätsrechnung, in der die gesamte Baukostensumme mit 300.000 Kronen angegeben war. In diesen Ausgaben war alles inbegriffen: die Wehranlage, der Kanal, das Wasserschloß, der Turbinenschacht, die Turbine, die Montage, der Generator, die Hochspannung, die Transformatorstationen, die Straßenbeleuchtung, die Bauleitung usf. Nachdem in der Gemeindeausschußsitzung
vom 8. Juni 1906 die Lieferungs- und Baubedingungen noch einmal durchbesprochen und genehmigt worden waren, wurde der Vertrag 5 Tage später mit der Firma abgeschlossen.
Der Lokalpatriotismus der mit der Materie vertrauten und daher zur Wahl erschienen Egger war aber stärker. Nicht die von „Andelsbuch" gebotenen Vorteile gaben schließlich den Ausschlag, sondern das Bestreben nach „Unabhängigkeit". Ebenso wollte man nicht, daß die in der eigenen Gemeinde vorhandenen Wasserkräfte aus der Hand gegeben werden und „Fremde" dann den „Profit einstecken".
Dies zeigt sich auch sehr deutlich im Wahlaufruf zur 2. Volksabstimmung vom
Jänner 1907, die der „löbliche Landesausschuß" (heute „Landesregierung") verlangt hatte, ehe dieser die Zustimmung zur Aufnahme eines entsprechenden Kredites gab. (Diese 2. Abstimmung ergab übrigens ein noch „überwältigenderes" Ergebnis für den Bau.) Die Vorgänge rund um diese Volksabstimmung zeigen, daß es auch damals nicht einfach war, „große" Kraftwerke zu bauen und daß es die Konkurrenz der Energieträger immer schon gegeben hat.
Mit diesem umfangreichen Brief wurde bei der Bevölkerung Überzeugungsarbeit geleistet.
Vorarlberger Volksfreund 7.2.1907
Die Bauaufsicht im Namen der Gemeinde führten Kaspar Ritter und Baumeister Wolf, den Stollen baute die Firma Maurermeister Giovanni Bertolini in Tag- und Nachtschichten aus. Die Bohrungen wurden von beiden Bergseiten aus angesetzt, weniger mit Bregenzerwälder Hilfskräften, als mit solchen aus Italien, die für derartige Arbeiten mit Kelle und Meißel umgehen konnten. Die Turbinen und zugehörigen Absperr- und Regeleinrichtungen lieferte die Firma Maschinenfabrik Rüsch, Dornbirn, die elektrische Anlage die schon erwähnte Firma Siemens-Schuckert, Zentrale und Wohnhaus und übrige Bauwerke wurden an die Firma Pittel vergeben, die auch die Erstellung des Wehres übernehmen sollte. Vorgesehen war eine Bauzeit von einem Jahr, doch ergab sich insgesamt eine Verzögerung von 166 Tagen.
Es ist offensichtlich, dass man in Egg so lange gewählt hat, bis man genügen JA Stimmen hatten. Nun war endlich die Finanzierung geklärt, denn gebaut hat man an dem Projekt schon viele Monate zuvor. Somit war Egg die erste Gemeinde im Bregenzerwald, die ein
E-Werk finanzierte und danach betrieb.
Vorarlberger Volksblatt 8.3.1907
Das Elektrizitätswerk in Egg, Tuppen.
Maschinenraum.
Vorarlberger Volksblatt 5.5.1908
Auch die von beiden Kraftwerksbetreibern umworbenen Nachbargemeinden gönnten schließlich den Gewinn doch lieber den Eggern als den „reichen Fabrikanten am Land draußen", als sie sich zum Anschluß an das E-Werk Egg entschlossen.
Noch im selben Jahr wurde die Stromlieferung auch nach Lingenau beschlossen und ebenso konnte man mit einigen Parzellen von Schwarzenberg einig werden. Nach dem Weltkrieg wurden dann auch große Teile von Hittisau angeschlossen.
Innsbrucker Nachrichten 20.5.1908
Schaffenskraft auf einer Postkarte. Die Bogenbrücke im Tuppen wurde in Zuge des Strassenbaus von Alberschwende nach Egg 1845 gebaut. Das Viadukt wurde 1901 von Kaspar Ritter, Egg geplant und von Giovanni Bertolini erbaut.. Die Wälderbahn wurde 1902 eröffnet. Das Elektrizitätswerk wurde 1908 eröffnet.
Das Richtfest des Viadukts nach der Fertigstellung mit Giovanni Bertolini im Vordergrund.
Der Löwenwirt Kaspar Simma konnte seine Errungenschaft nicht mehr lange geniessen, er verstarb im August 1908.
Beim Jahrhundert Hochwasser von 1910 wurde das Wehr in der Kohlgrub völlig zerstört.
Bereits 1912 hat man im E-Werk Egg ein dritttes Aggregat angeschafft.
Arbeiter waren nach dem Weltkrieg Mangelware.
Gemeindeblatt 30.8.1919
Anfänglich war das E-Werk Verwaltungsbüro im Stammhaus von Anton Greber im Obergeschoss. 1932 konnte die Gemeinde das Geschäftshaus von Anton Greber erwerben.
Dieses Bild zeigt das Verwaltungsgebäude in Bildmitte und das Greber Haus links.
1932 wurde Ing. Hans Felder als Betriebsleiter bestellt.
In den Jahren 1933/34 bewachte die Heimatwehr das E-Werk vor Anschlägen der Nazionalsozialisten.
1948 konnte man die Wasserkonzession um 30 Jahre verlängern.
Neue Parzellen wurden angeschlossen: Fallenbach 1947, Ittensberg 1949, Kaltenbrunnen 1956, 1957 Tuppen, 1959 Amagmach.
Ing. Hans Felder mit Gattin Frieda wurde für seine 25 Jahre Betriebszugehörigkeit 1957 geehrt.
Gemeindeblatt 8.12.1957
Verwaltungsgebäude und Verkaufsgeschäft in der Gerbe.
In der sehr umfangreichen Festschrift werden nicht nur das Kraftwerk, sondern viele interessanten Fakten über die Gemeinde Egg dargestellt. Absolut lesenswert.
Feier im Gasthof Löwen, Egg.
v.l.n.r.: Leo Simma, Edwin Meusburger, ??, Ing. Hans Felder, Josef Hammerer, Anton Schneider, Bedienung Adele Meusburger.
v.l.n.r.: Installateur Georg Kohler, ??, Sekretärin Maria Greber, Stromableser Tone Rehm, Installateur Fritz Meusburger, Chauffeur Anton Rechensteiner, Maschinist Rudl Kohler.
Vorarlberger Nachrichten 25.10.1958
Hans Schneider, Egg Rain war langjähriger Buchhalter des E-Werks Egg.
1910 betrug die Stromerzeugung 120.000 kw., im Jahr 1970 3.570.000 kw. mit einem Zukauf von 1.380.000 kw.
Um den laufenden Bedarf abdecken zu können, wurden folgende Netze an die VKW abgegeben: Hittisau 1956, Schwarzenberg 1961 und Lingenau 1962.
Am 17. April 1971 wurde bei einer Gemeindesitzung in Egg die wirtschaftliche Rentabilität des E-Werks, vorgestellt von Betriebsleiter Ing. Hans Felder, erläutert. Investitionen standen an. Schliesslich wurde beschlossen, das Kraftwerk der VKW anzubieten.
Bei der entscheidenden Sitzung des E-Werk Ausschusses am 30. August 1971 schilderte Ing. Hans Felder sichtlich besorgt noch einmal die Situation. Penibel hatte er die Übergabe an die VKW vorbereitet. Noch am Verhandlungstisch ereilte ihn der Herztod.
Ing. Hans Felder. 1904 bis 1971.
Vorarlberger Nachrichten 18.9.1971
Eine Ära geht zu Ende.
Vorarlberger Nachrichten 31.5.1972.
Das Elektrizitätswerk Andelsbuch.
Der Dornbirner Ing. Leopold Rhomberg machte 1903 eine Projektstudie für ein Kraftwerk in Andelsbuch mit einem Stollen von Bezau durch die Bezegg. Ihm fehlte allerdings ein Andelsbucher, der bei der Bevölkerung Überzeugungsarbeit leistete. Immerhin musste ein Stausee gebaut werden und die Bauern mussten viel Grund hergeben. Ausserdem gab es von Bezau nach Andelsbuch Hausbesitzer und Vorsäße entlang der Bregenzerache, die auf das Wasser der Ache angewiesen waren.
Es gab in den Zeitungen Hetzkampagnen gegen Rhomberg, der sich nun um die Finanzierung des Kraftwerk Projektes kümmern musste.
Hier seine Entgegnung.
Vorarlberger Volksfreund 7.5.1904
Schlussendlich kauften Jenny & Schindler die fertigen Pläne und machten sich an die Arbeit.
Nachdem sich Bregenz und eine Reihe anderer Gemeinden Zug um Zug dem Stromnetz von
Jenny & Schindler angeschlossen hatten, tat sich das Werk Rieden zunehmend schwerer, den Energiebedarf zu decken. Die gesteigerte Nachfrage konnte nur durch verstärkten Dampfeinsatz kompensiert werden; diese Entwicklung wäre allerdings über kurz oder lang an die Grenzen der ökonomischen Sinnhaftigkeit gestoßen.
Daher erwarben die Elektrizitätsunternehmer 1904 Leopold Rhomberg's sehr positiv begutachtetes Andelsbuchprojekt, dessen Realisierung zügig in Angriff genommen wurde. Jedenfalls meldete die Lokalpresse im Oktober 1904, dass Jenny & Schindler bei entsprechendem Hinaufschnellen der Grundstückspreise mehr oder weniger alles um das Plateau von Andelsbuch herum erwarben, was den Bauern mit Geld, Remunerationen und Stromdeputaten abzukaufen war.
Die behördliche Kommissionierung im Gasthof zur Post in Bezau war ein herber Rückschlag für das Projekt.
Vorarlberger Landeszeitung 18.1.1905
In der Zwischenzeit konnten die Betreiber schon viele Grundablösen unter Dach und Fach bringen. Nun entbrannte hinter den Kulissen das Buhlen um die Kundschaft zwischen den Egger- und Andelsbucher Kraftwerksbetreibern.
Vorarlberger Landeszeitung 18.3.1905
Nun kam es erneut zu einer Kommissionierung, bei der die meisten Bedenken ausgeräumt werden konnten.
Vorarlberger Landeszeitung 31.3. 1905
Die Projektleitung wurde in die Hände von Gabriel Narutowicz gelegt, Ingenieur beim über die Schweizer Grenze hinaus bekannten Ingenieurbüro Kürsteiner in Sankt Gallen, der später einen Ruf als Professor am Polytechnikum in Zürich erhalten sollte.
Innsbrucker Nachrichten 7.9.1905
Viele Zeitgenossen - vor allem aber auch Friedrich Schindler selbst - hatten den Eindruck, dass das Kraftwerk Andelsbuch unter einem äußerst unglücklichen Stern stand. Es begann
damit, dass sich am 11. Jänner 1906 ein kroatischer Mineur bei einem Dynamitunfall schwer verletzte und dabei ein Auge und einen Unterarm verlor.
Schon ein halbes Jahr später, am 27. Juli, mussten die Menschen im Land neuerlich von einem schrecklichen Unglück erfahren: Beim Bau des Stollens für ein Wasserwerk, so der ob der Ignoranz der Firma Buß höchst verärgerte Gewerbeinspektor, ereignete sich durch Entzündung explosibler Gase ein Kollektivunfall, bei welchem 16 Arbeiter Brandwunden I. bis III. Grades erlitten.
Die unmittelbare Veranlassung des Unfalles war die Verwendung eines offenen Lichtes, die mittelbare Ursache aber die schlechte Stollenventilation. Obwohl schon mehrere Monate früher wegen der unzureichenden Luftzufuhr gegen die Bauunternehmung die Anzeige erstattet worden war und beim ersten Gasvorkommen die Verwendung von Sicherheitslampen verlangt wurde, war die Unternehmung auch nach erfolgtem Unfalle erst durch die seitens der Gewerbebehörde verfügte Betriebseinstellung zur Durchführung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu bewegen.
Dieses Bild zeigt Grubenarbeiter im Stollen des Kraftwerks Gampadels um 1920. Auch hier wurde noch mit offenem Licht gearbeitet.
Wie der Fall zeigt, zählte damals ein Italiener- oder Montenegrinerleben am Bau nicht sonderlich viel. Um auch nur die für heutige Begriffe fundamentalsten Sicherheitsbestimmungen durchzusetzen, musste die Gewerbebehörde zu ihrer schärfsten Waffe greifen, dem Betriebsverbot - und das nach einem Unfall mit sechzehn teilweise schwer Verletzten. In der Villa Grünau allerdings hatte die Nachricht wie eine Hiobsbotschaft gewirkt; Friedrich Schindler verfiel, wie sein Sohn später berichtete, in tiefe Depression.
Friedrich Schindler.
Mai 1906. Am späteren Stausee.
Dampflokomotiven waren im Einsatz.
Mai 1906. Ein Trupp von Geometern auf dem Rohrbodengewölbe des Kraftwerks.
Die Wehr-, Stollen- und Weiherarbeiten führten Jenny & Schindler zum Teil in Eigenregie durch, zum Teil war dafür die Wiener Firma A. Buß & Co. zuständig
Juni 1906
Juni 1906. Die Arbeiter der renommierten Eisenbetonfirma Schöch.
Juni 1906
Juli 1906
Juli 1906
Die Hochbauten, insbesondere das Maschinenhaus, errichtete das Dornbirner Bauunternehmen Josef Schöch.
September 1906. Bau der Zwischendecke im Kraftwerk.
September 1906
Oktober 1906
September 1906. Mineure vor dem Andelsbucher Stolleneingang.
Oktober 1906
Oktober 1906
Die Firstfeier fand am 20. Oktober 1906 statt. Da die Familien Jenny und Schindler Schweizer Abstammung waren, wurde die helvetische Flagge gehisst.
Das aus Beton errichtete Stauwehr des Werkes ist rund 300 m lang und schließt an das auf Felsen fundierte Einlaufbauwerk an.
Februar 1907
Von dort gelangt das Wasser durch einen 1700 m langen, ausbetonierten Stollen mit einem
Querschnitt von 250 x 200 cm und einem Gefälle von 2,2 % in einen Regulierweiher. Der
Stausee fasste zum Zeitpunkt der Eröffnung rund 200.000 m3 Wasser, heute ist dieser Wert
aufgrund von Materialeintrag auf etwa 160.000 m3 gesunken. An der Westseite des Weihers befand - und befindet - sich das Wasserschloss, von dem zwei Druckrohrleitungen aus Flusseisen von je 200 cm Durchmesser und einer Länge von 220 m bei einem nutzbaren Gefälle von 60 m in das Untergeschoß des Maschinenhauses führen.
Vorarlberger Landeszeitung 9.2.1907
Aufgrund der milden Witterung im Spätwinter 1907 schwollen die Wasseradern und Ouellen im Terrain, auf dem der Rohrstrang des Kraftwerkes autlag, heftig an. Mit Bedauern musste Konstrukteur Narutowicz berichten: Am 10. März 1907 regnete es anhaltend und stark, in der Nacht auf den 11. März stieg das Wasser im Weiher, durch die Quellen, die Schneeschmelze und den Regen gespiesen, stark an, verstopfte den Auslauf gegen Osten mit daher geschwemmtem Holz, überflutete und durchbrach den abschließenden Damm
und ergoss sich in den Druckleitungsgraben. Der durchtränkte Boden gab nach und rutschte ab, den oberen Fixpunkt und die Sockel bis zum Fixpunkt 2 teils mitnehmend. teils umwerfend und den letzteren unterwaschend.
Die geknickte Druckleitung nach der Überschwemmung und Unterspülung vom 11. März 1907 (Aufnahme bei trockenem Wetter tunt lage danach).
März 1907
Die inzwischen zur Maschinenfabrik Rüsch-Ganahl fusionierten Dornbirner Eisengießer lieferten die Rohrleitungen und Turbinen, deren hoher Nutzungsgrad von 87,6 % die damalige Fachwelt nachhaltig beeindruckte. Die Generatoren und Transformatoren stammten von den Österreichischen Siemens-Schuckert-Werken, die Schaltanlagen errichtete die Oerlikoner Maschinenfabrik.
Juni 1907. Aufbau der Francis Turbinen.
Oktober 1907
Innsbrucker Nachrichten 3.12.1907
Die Anlage wurde am 26.1.1908 in Betrieb genommen.
Das im Jugendstil errichtete Maschinenhaus.
Die von Gabriel Narutoriwicz konzipierte Schaltanlage galt seinerzelt auch international als vorbildliche Innovation. Der bezüglich elektrotechnischer Sicherheitsstandards nicht sonderlich verwöhnte Vorarlberger Gewerbeinspektor sah sich daher veranlasst, eine äußerst
positive Beurteilung abzugeben. Die Konstruktion zur Nachahmung empfehlend, führte er aus: Der Hochspannungsteil ist in einem reichlich dimensionierten Saale über dem Maschinenraume untergebracht und nach dem Zellensystem in sehr übersichtlicher Weise eingerichtet. Die Zellen sind in Betoneisen erbaut und bilden 4 hohe Wände, zwischen welchen breite Bedienungsgänge liegen. Die Regulierung der Maschinen sowie die Bewegung der Hochspannungsschalter erfolgt durch elektrische Transmission von einer separaten Schaltanlage, welche sich im Maschinenraum befindet und weche nur Niederspannung führt.
Das Schieberhaus (Rechenhaus) über dem Rohreinlauf am Stausee.
Stausee.
Nach der Eröffnung entwickelte sich ein wahrer E-Werk Tourismus. Alle wollte das größte Kraftwerk der Monarchie besichtigen.
Aus dem Gästebuch.
v.l.n.r.: Ortsvorsteher Geser, Pfarrer Franz Ulmer, Landeshauptmann Adolf Rhomberg, Friedrich Schindler, Theodor Rhomberg, Ignaz Rusch, Julius Rhomberg.
Die Angestellten der Elektrizitätswerke Jenny & Schindler zu Besuch.
Fast möchte man sagen, „paradoxerweise", aber hatte dieses große Kraftwerk auf die elektrotechnische Erschließung des Bregenzerwaldes selbst, zumindest vorerst, nur einen geringen Einfluß.
Für solche Strommengen war im Tal selbst noch kein Bedarf, oder zumindest keine wirtschaftlich tragbare Verteilmöglichkeit gegeben. Lediglich das Ortsnetz Andelsbuch war direkt angeschlossen, der Großteil der erzeugten Energie dagegen wurde durch die Hochspannungsleitung (25 kV) zum Unterwerk Alberschwende und weiter nach Dornbirn und Rieden, eben in die bevölkerungsdichten Industriegebiete geleitet.
Im Unterwerk Alberschwende wurden zugleich Transformatoren aufgestellt, für die spätere Versorgung des Ortsnetzes Alberschwende (vorerst ohne Fischbach und Müselbach). Eine weitere Leitung führte nach Egg, um im Bedarfsfalle den Fehlstrom des E-Werk Egg zu ersetzen.
Auf der Suche nach weiteren, sicheren Stromabnehmern konnten dann mehrere Gemeinden (10) im benachbarten Allgäu sowie die Strohhutfabrik in Lindenberg und die Weberei in Wangen gewonnen werden. Die Leitung wurde also sehr bald von Rieden über Hohenweiler bis Biesenberg im Allgäu (zwischen Heimenkirch und Lindenberg) verlängert und die Stromlieferung dahin aufgenommen." Damit war der Grundstein für das „Versorgungsgebiet Allgäu" der VKW gelegt, das bis heute, trotz vieler politischer und wirtschaftlicher Umwälzungen Bestand hielt. Diese Leitung wurde von Anfang an schon auf die damals noch sensationelle Hochspannung von 45 kV ausgelegt. Da jedoch sowohl die österreichischen als auch die bayrischen Behörden Bedenken wegen der Sicherheit für die Bevölkerung bei so hohen Spannungen hatten, durfte sie vorerst nur mit 25 kV betrieben werden.
Erst 1928 erfolgte dann die Umschaltung auf die ursprünglich vorgesehene Spannungsebene.
Wie es mit dem Kraftwerk weiterging, zeigt dieser Bericht.
Vorarlberger Nachrichten 16.10.1971
Schon 1909 war das Vorarlberger Wasserkraftkomitee bestellt worden, das sich mit den Wasserkraftgesetzen zu befassen hatte und auf Initiative des Elektrotechnikers Albert Loacker, des Landtagsabgeordneten Josef Peer und des Fabrikanten und ersten Obmanns des Vorarlberger Industriellenbundes Ignaz Rüsch (1861–1925) gegründet worden war. Den Vorsitz hatte Landeshauptmann Adolf Rhomberg. 1917 wurde Dekan Barnabas Fink vom Landesausschuss zum Referenten für den Ausbau der Wasserkräfte bestellt.
Der Erste Weltkrieg hemmte die kontinuierliche Entwicklung und 1916 erfolgte die Umwandlung der bis dahin offenen Handelsgesellschaft Elektrizitätswerke Jenny & Schindler in die Vorarlberger Kraftwerke Gesellschaft m.b.H.
Die Entwicklung in den weiter abgelegenen Gebieten.
Trotz der nun also bestehenden „Großkraftwerke" im Zentrum des Bregenzerwaldes mußten sich noch vor dem 1. Weltkrieg und insbesondere in der Zwischenkriegszeit viele Privatunternehmer und alsbald auch Gemeinden und Genossenschaften, die noch außerhalb des Einzugsgebietes dieser Weke lagen, in der Stromversorgung „auf eigene Füße" stellen.
Welche Hindernisse einem Anschluß in diesen Gebieten an ein bereits bestehendes Kraftwerk entgegenstanden, geht deutlich aus dem Ansuchen an die Wasserrechtsbehörde aus dem Jahre 1921 hervor, als das Wasserrecht für das Sägewerk Dorner in Sibratsgfäll erweitert werden sollte, um gleichzeitig auch Lichtstrom für die Häuser der Umgebung erzeugen zu können. Lange Freileitungen, mit den notwendigen, dazwischen geschalteten Transformatoren wurden a erst wirtschaftlich, wenn auch eine entsprechend große Stromliefermenge gesichert werden konnte. Solange in diesen dünn besiedelten Wohngebieten der Strom praktisch nur für Beleuchtungszwecke Verwendung finden sollte, war diese Wirtschaftlichkeit aber nicht gegeben
Kraftstation Sägewerk Peter Dorner, Sibratsgfäll.
Andererseits aber wollten auch die Bewohner dieser Gebiete, die nicht die Möglichkeit hatten, den Strom selbst zu erzeugen, in den Genuß dieser technischen Vorteile kommen. Sie trachteten also vielfach, daß - wie in Egg - die Gemeinden diese Angelegenheit in Angriff nahmen oder taten sich hiezu zu Gemeinschaften zusammen.
Und so entstanden von Alberschwende und Sulzberg bis Sibratsgfäll, Schröcken und Damüls weiterhin zahlreiche Kleinkraftwerke mit all ihren Vorteilen, denen sich meist aber sehr bald auch vorher nicht geahnte Mängel und Betriebsschwierigkeiten hinzu gesellten.
Die Gebirgsbäche haben ja sehr unterschiedliche Wasserführungen und im Winter sind Vereisungen ebenso an der Tagesordnung wie im Sommer Schlagwetter mit ihren Verschotterungen und längeren Trockenperioden.
Pionier Dekan Barnabas Fink, Andelsbuch. 1867 bis 1947.
Von diesem um den Ausbau der Wasserkräfte in Vorarlberg hochverdienten Landespolitiker kann zwar nicht behauptet werden, daß er direkt mit der Entwicklung dieser Materie im Bregenzerwald verbunden ist. Seine Tätigkeit war eben mehr überregional, wirkte sich so aber langzeitig doch auch auf seine eigene Heimat positiv aus.
Barnabas Fink wurde 1867 in Andelsbuch geboren, wo er auch die Volksschule besuchte. Nach dem Studium in Brixen wurde er 1892 zum Priester geweiht. Er kam dann als Kaplan nach Hittisau und wurde 1895 dort zum Pfarrer bestellt. Bis zu seiner Pensionierung blieb er in dieser Pfarre und war von 1906 bis 1941 zugleich Dekan des Bregenzerwaldes.
Bereits 1903 war er als Vertreter des Bregenzerwaldes in den Landtag berufen worden und behielt diese Stellung, teilweise als Landesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter bis 1930, als die Priester von kirchlicher Seite aus der aktiven Politik zurückgezogen wurden.
Seine „große Zeit" begann 1917, als er zum Referenten für den Ausbau der Wasserkräfte im Landtag bestellt wurde. Dieses Referat war nach langem Drängen, insbesondere von Seiten Albert Loakers, damals ins Leben gerufen worden. Der für diese Fragen sehr aufgeschlossene Priester hatte schon 1909, als die Mehrheit der Abgeordneten Loakers Vorschläge noch als Utopie bezeichneten, diese im Landtag voll unterstützt.
Die Wasserwirtschaft, Ausgabe 16 1908
In den kommenden Jahren wurden dann unter Barnabas Fink, als dem dafür zuständigen Landesrat die Weichen gestellt, die für die Stromwirtschaft des Landes noch heute Gültigkeit haben und Vorarlberg für die nächsten Jahrzehnte führend in der Stromversorgung in Österreich werden ließen.
Der 'Stromdekan' im Kreise seiner Geschwister und Verwandten.
Der Ausbau der Wasserkräfte insbesondere an der Ill und der Landessammelschiene gehörten ebenso dazu, wie der beispielhafte Abschluß der IIIwerkeverträge und der Übergang der Vorarlberger Kraftwerke AG in die Kompetenz des Landes.
Die Aktie stammt aus dem Jahr 1924 kurz vor der Währungsreform und ist gezeichnet von Landeshauptmann Dr. Otto Ender und Dekan Barnabas Fink.
Nach seinem dann auch verwirklichten Konzept, sollten die großen Energieangebote im Süden des Landes in erster Linie dem Export dienen, also „Geld ins damals noch sehr arme Land bringen", alle anderen aber dem Eigenbedarf im Lande selbst.
Die Grundlage für diese für das ganze Land so wertvollen Planungen und erforderlichen Aktionen bildete der unter seiner Amtsführung erstellte „Wasserkraftkataster", der die Energiedargebote der ausbaufähigen Gewässer des Landes sowie die möglichen bzw. günstigsten Standorte für die Kraftwerksanlagen und Staubecken festhielt. An den hiezu nötigen Messungen, Begehungen und Besichtigungen beteiligte er sich, so weit es seine Zeit irgendwie zuließ, auch selbstinhohem Maße.
Dabei „chauffierte" ihn zumeist der damals noch junge Landesangestellte und spätere Landeshauptmann Dipl.-Ing. Ernst Winsauer, der daneben auch die hierfür so nützliche, damals aber noch relativ seltene Kunst des Fotografierens beherrschte. Auch der spätere Illwerke-Direktor Dipl.-Ing. Anton Ammann war an diesen Arbeiten maßgeblich beteiligt.
Nach dem Übertritt in den Ruhestand 1934 kehrte Barnabas Fink in seine Heimat Andelsbuch zurück, wo er 1947 mit 80 Jahren starb.
Vorarlberger Nachrichten 22.9.1947
Elektrizitäts-Genossenschaft Weißachtal.
Mancherorts sahen sich jedoch die Gemeinden nicht in der Lage, eine eigene Stromerzeugung aufzubauen, sei es, daß die Gemeindekassen finanziell oder die Gemeindevertreter technisch überfordert waren.
So wurde von den Interessenten der Weg über Genossenschaften gesucht und
teilweise auch verwirklicht. Dabei gab es zwei Arten von Genossenschaften: die überörtlichen und die innerörtlichen.
Die größte davon war die 1920 gegründete überörtliche „,Elektrizitätsgenossenschaft Weißachtal" mit den Ortsnetzen Doren, Sulzberg, Riefensberg, Langenegg, Krumbach, Bolgenach, Buch, Oberbildstein und Fischbach (Alberschwende).
Die Stromversorgung wurde aber vorerst durch einen Vertrag mit den VKW in Rieden in die Wege geleitet und erfolgte von 2 Stützpunkten aus: für das Unterwerk Alberschwende aus, das vom Kraftwerk Andelsbuch gespeist wird.
Aus einem Bericht des langjährigen Chefmonteurs dieses Gebietes (1925-1958) Isidor Stadel-
mann von 1981 an die Gemeinde Buch geht hervor, daß die Holzmasten von den Strombeziehern selbst gefällt, hergerichtet und sodann unter der Leitung der ausführenden Firma (Loaker, Bregenz - Montageleiter Ing. Kiechel, später Fa. Kiechel und Hagleitner Bregenz) gesetzt werden mußten.
Bahnstation Doren - Sulzberg.
Die Bahnstation der Bregenzerwaldbahn „Doren-Sulzberg" in der Parzelle Bozenau war der Umschlagplatz für das gesamte Installationsmaterial des Stromnetzes der Elektrizitätsgenossenschaft Weißachtal.
Hier wurde es ausgeladen und im eigenen Magazin gelagert. Der Weitertransport nach Doren und in die andern Gemeinden des Weißachtales erfolgte mittels Pferdefuhrwerk (Straße oberhalb der Häuser gut sichtbar). Nach Buch, Fischbach und Oberbildstein aber mußte es von den Genossenschaftsmitgliedern selbst über den Drahtseilsteg und den steilen Fußweg hochgetragen werden.
Gemeindekraftwerke in der Zwischenkriegszeit.
Als erstes Gemeindekraftwerk nach dem E-Werk Egg ging 1924 das Kraftwerk Mellau in Betrieb. Es hatte seinen Standort am Fuße der Kanisfluh (Parzelle Bad - schräg gegenüber der Schnepfauer Parzelle Hirschau) und bezog das Triebwasser von der hoch gelegenen Alpe Kanis, das mittels einer Peltonturbine einen Drehstromgenerator mit 65 kW Leistung antrieb. Mit 472 m besaß es damals die größte Fallhöhe aller Kraftwerke im Lande Vorarlberg und wurde darin erst von den Werken Danöfen (ÖBB) und Partenen (VIW) überflügelt.
Eröffnung 1924.
Mellau versorgte auch die Gemeinde Schnepfau, wo ursprünglich ein eigenes Kraftwerk geplant war.
Hiezu sollte die Bregenzerach am Eingang des Schnepfauer Waldes (bei der damals noch
sehr schmalen, holzbedeckten Bühlerbrücke) gestaut werden. Da die Bevölkerung von Schnepfau aber Überschwemmungs- und wohl auch Zerstörungsgefahr für die Anlage befürchtete (man hatte ja das verheerende Hochwasser von 1910 noch in lebhafter Erinnerung) wurde dieses Projekt aufgegeben und eine Mitbeteiligung am relativ nahegelegenen Mellauer Kraftwerk beschlossen.
Leitungsbau in Hirschau der Firma Pircher aus Bregenz.
Das Gemeindekraftwerk Schoppernau ging 1926 in Betrieb.
An weiteren Gemeindekraftwerken entstanden damals:
1924 Bizau 40 kW 1941 Betrieb eingestellt
1926 Schröcken 18 kW 1940 Betrieb eingestellt
1928 Warth 7 kW 1942 Betrieb eingestellt
Die damals noch durchwegs sehr finanzschwachen Gemeinden rüsteten ihre Gemeindekraft-
werke zwar bereits möglichst betriebssicher aus, trotzdem mußte von Anfang an überall gespart werden und die Auslegung der Leistung war fast durchwegs an der unteren Grenze.
So hatten bald alle mehr oder weniger mit dem zunehmenden Strombedarf zu kämpfen und die Gemeindeväter waren daher froh, als zu Anfang des 2. Weltkrieges das Leitungsnetz der VKW großzügig ausgebaut und die Werke auch großteils von diesen übernommen wurden.
Während Bizau, Schröcken und Warth wegen Unrentabilität bald darauf stillgelegt wurden, blieb Mellau noch bis 1967 in Betrieb. Infolge großer Maschinen- und Druckrohrleitungsschäden, deren Behebungskosten bei nur 65 kW Leistung nicht vertretbar waren, wurde es dann stillgelegt.
Der Ausbau der Elektrizitätswirtschaft wurde zur Strategie und förderte die Entwicklung des Landes. Die VKW entwickelte sich zum größten E-Werk und blieb bis 1929 im Privateigentum. 1928 wandelten Jenny & Schindler mit Einwilligung der VKW-Gesellschafter das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um. 1929 kaufte das Land die Aktienmehrheit und somit wurde die VKW zum Landesunternehmen.
Elektrizitätsgesellschaft Bizau - Reuthe.
Im Hinterbregenzerwald hatte sich um 1919/20 aus Interessenten in den Gemeinden Bizau, Reuthe, Mellau und Schnepfau eine zweite „überörtliche" Genossenschaft gebildet.
Diese hatte jedoch nur einige Jahre Bestand und kam über das Planungs- und Verhandlungsstadium nicht hinaus.
Sie sei aber trotzdem hier erwähnt, ergibt sich doch aus den zahlreichen erhaltenen gebliebenen Unterlagen dieser Genossenschaft ein sehr anschauliches Bild über die wirtschaftlichen Probleme und technischen Verhältnisse der frühen Zwanzigerjahre.
Es war ein „Elektrizitätswerk Bizau-Reuthe" geplant, dessen Triebwasser am Eingang der
„Rauhen Klause" zwischen Mellau und Reuthe gefaßt und durch einen ca. 270 m langen Stollen unter dem Ausläufer der „Herburg" zum Krafthaus am westlichen Rande des Weilers Vorderreuthe geleitet werden sollte. Mit 7 m Nutzgefälle hätte es bei Normalwasserstand 180 PS (= 133 kW) erbracht.
Wie aus den Unterlagen weiters hervorgeht, sollte damit in den genannten vier Gemein-
den die „Beleuchtungsnot" behoben werden, die durch den „Kriegszusammenbruch und den Verlust der Petroleumproduktionsländer" entstanden war. Hiezu wurde laut Rentabilitätsberechnung von 1921 mit insgesamt 2000 Lampen gerechnet, was 160.000,- Kronen/Jahr und damit 3/4 aller Stromgeldeinnahmen entsprochen hätte. An „Kraftstrom" dagegen war mit nur 20 PS = 15 kW (für 4 Gemeinden!) und 10.000,- Kronen (5 %) gerechnet worden.
Weiters geht aus einer Gesprächsnotiz hervor, daß z. B. in Bizau bei 113 „Abonnenten" 500 Lampen (also 4-5 Lampen pro Wohnung) erforderlich sein würden.
Das Bewilligungsverfahren war bereits abgeschlossen. Nachdem dann aber sowohl in Bizau als auch in Mellau 1924 gemeindeeigene Kraftwerke (40 bzw. 65 kW) errichtet worden waren, sollte „Reuthe" zur Abdeckung der Strombedarfsspitzen in diesen beiden sowie dem damals bereits teilweise überlasteten E-Werk Bezau (Sägewerk Rudolf Natter) dienen. Mangels Staumöglichkeit war aber hierfür eine wirtschaftliche Rentabilität nicht mehr gegeben, worauf das Projekt aufgegeben und die Genossenschaft 1927 aufgelöst wurde.
Zur Deckung des Spitzenstromes und des ständig steigenden Strombedarfes aber wurden später in den E-Werken Bezau und Mellau (und auch in Au) Dieselaggregate aufgestellt.
(„Bezau" betrieb zeitweilig hiezu auch eine Dampfmaschine deren Kessel mit Abholz aus dem Sägewerk geheizt wurde).
Zwei Bregenzerwälder Turbinenbauer.
Pioniere Josef Hiller, Bezau. 1890 bis 1962 und Martin Sutter, Mellau. 1903 bis 1990.
Es hatten sich in dieser Zeit im Bregenzerwald sogar zwei Handwerker auf den Bau so kleiner Anlagen spezialisiert. Es waren dies die Mechanikermeister Josef Hiller in Bezau und etwas später auch Martin Sutter in Mellau.
Josef Hiller.
Dieser ist 1890 „an der Platte" in Reuthe bei Bezau als 3. Sohn des Heugeschirrmachers Josef Hiller geboren. Nach Besuch der einklassigen Volksschule in Reuthe, arbeitete er zunächst in der Landwirtschaft und als Alpknecht. Dabei zog er sich durch Sturz von einem Pferd eine Rückenverletzung zu, die damals noch nicht behandelt werden konnte und deren Folgen ihn zeitlebens gesundheitlich schwächten, sodaß er für die körperlich schwere Bauernarbeit ausschied.
Er begann dann im E-Werk Egg die Ausbildung als Elektromonteur, die später im damals in Vorarlberg führenden E-Installationsgeschäft Loaker in Bregenz fortgesetzt und 1911/12 am „Städtischen Elektrotechnikum" in Teplitz in Böhmen ergänzt wurde. Anschließend arbeitete er bis 1919 als Monteur und Obermonteur bei den Allgäuer Kraftwerken in Sonthofen und hierauf 4 Jahre als Maschinenwärter im Elektrizitätswerk in Rubi bei Obersdorf.
1923 aber machte er sich selbständig und eröffnete in Bezau eine eigene Werkstätte. Nachdem er 1926 auch die Mechanikermeisterprüfung abgelegt hatte, verlegte er sich bald hauptsächlich auf die Herstellung von Kleinkraftanlagen, zumeist mit selbstgebauten Francisturbinen. Diese kamen größtenteils im Bregenzerwald, aber auch in der Leiblachgegend, in Liechtenstein und im Kleinwalsertal zum Einsatz.
Josef Hiller, Bezau
mit der von ihm konzipierten und in mehreren Exemplaren gelieferten „Doppelturbine": zwei völlig unabhängige Turbinen verschiedener Schluckfähigkeit und Leistung, jedoch gleicher Drehzahl auf einer gemeinsamen Welle. Je nach Leistungsbedarf und Wasserstand konnte mit der kleinen" oder der "großen" Turbine allein bzw. mit beiden gleichzeitig gearbeitet werden.
Hiller fertigte hauptsächlich Francisturbinen an, wobei er sowohl die Laufräder als auch die Leitschaufeln selbst aus „,Schmiedeeisen" herstellte. Um die relativ teure und aufwendige Verstelleinrichtung der Leitschaufeln einsparen zu können, erfand er sogar eine eigene Regeltechnik, die er hernach in ca. 30 Anlagen einbaute und die für damalige Verhältnisse
doch zufriedenstellende Ergebnisse ergab. Statt durch Verdrehen der Leitschaufeln die Größe der Zulauföffnungen zu verändern, bewirkte er dies durch Verschieben eines Zwischenbodens, wodurch die wirksame Leitschaufelbreite verstellt wurde. Es war dies zwar wirkungsgradmäßig keine optimale aber immerhin eine kostenmäßig vorteilhaftere Lösung. Im Laufe seiner Tätigkeit als Turbinenbauer (1926--1937) hat er immerhin allein für den Bregenzerwald über 20 solche Maschinen unterschiedlicher Größe in seinem 2-Mann-Betrieb hergestellt und eingebaut, wie etwa in den Sägewerken Ritter in Au und Moosmann in Mellau.
Josef Hiller vorne links beim Bau der Kleinkraftwerkanlage Hochrubach, Sibratsgfäll.
Hiller Zwillingsschachtturbine.
Hiller Spiralturbine.
Martin Sutter, Mellau.
Sutter ist im Jahre 1903 in Mellau geboren. Er ist der Sohn des Schlossermeisters Josef Anton Sutter, der bereits 1886 mit Hilfe eines wasserradgetriebenen Gleichstromgenerators die 1. elektrische Bèleuchtung des ganzes Tales speiste.
Nach dem Besuch der Volksschule in Mellau trat er 1916 in die damalige „k. u. k. Fachschule für Eisen- und Metallbearbeitung" in Fulpmes ein, die er 1919 beendete. (In Vorarlberg gab es erst ab 1920 eine Gewerbeschule für Metallberufe.) Hierauf arbeitete er wieder im Betrieb seines Vaters, den er später selbst führte und 1938 auch verantwortlich übernahm.
Bereits 1920 baute er die 1. Peltonturbine (einschließlich Laufrad!) für die Seilerei Wüster in Mellau. 1933 ersetzte er das eigene Wasserrad durch eine selbst konstruierte und selbst gebaute Francis-Schachtturbine, die noch heute voll ihren Dienst tut. Dabei ist zu bedenken, daß damals das Elektroschweißen noch sehr in den Kinderschuhen steckte, sodaß alles autogen geschweißt werden mußte und das bei Wandstärken bis zu 12 mm!
Als dann 1937 der Turbinenbauer Hiller in Bezau seinen Betrieb aufgab und verzog, wuchs er als damals einziger „Maschinenbauer" im Bregenzerwald infolge der ihm nun zufallenden Revisionen der bestehenden Anlagen fast automatisch in diese Materie hinein. Er baute jedoch keine Francisturbinen mehr, sondern verlegte sich auf die in der Herstellung
einfacheren und im Betrieb unempfindlicheren „ Durchströmturbinen", wobei er auch die Laufräder selbst anfertigte.
Jedoch auch zahlreiche kleine Aggregate mit Peltonturbinen verließen seine Werkstätte.
Sein Sohn Hubert trat in seine Spuren, ist jedoch 1981 tödlich verunglückt.
Martin Sutter, Mellau.
Martin Sutter in Mellau hat nach seiner eigenen Anlage (1933) keine weiteren Francisturbinen mehr gebaut. Er verlegte sich hauptsächlich auf den Bau kleiner Peltonturbinen, wobei er meist nur das Laufrad bezog und alles andere selbst anfertigte. Auch baute er alsbald Durchströmturbinen, die ob ihrer einfachen Bauweise für kleine Anlagen relativ kostengünstig und betriebssicher sind.
Martin Sutter in seiner Werkstatt.
Bei diesen fertigte er vielfach auch das Laufrad selbst an. Selbst zwei Typen von einfachen Reglern baute er. Bei der ersteren wird bei Überdrehzahl die Bewegung des ausschwenkenden Pendels über die Schiebemuffe und ein Hebelgestänge direkt auf einen Strahlablenker übertragen, der, je nach Drehzahl, das Wasser in der Turbine mehr oder weniger vom Laufrad weg ins Unterwasser ablenkt. Bei der zweiten Type dagegen steuert das aus- oder einschwenkende Pendel einen (in beide Drehrichtungen schaltbaren) Elektromotor an, der über Kegelradgetriebe und Verstellspindel die Düsennadel auf- oder zustellt. - Sutters Kundschaften waren aber hauptsächlich Alpbesitzer und Alpgenossenschaften im Bregenzerwald und im Großwalsertal.
Eindüsige Peltonturbine, Alpe Freudenberg, Mellau. Martin Sutter mit Sohn Hubert.
Zweidüsige Sutter Turbine, Sippersegg, Hittisau.
Vorarlberger Nachrichten 24.12.1972
Mit den Jahren wurden alle grösseren Anlagen im Bregenzerwald von der VKW abgelöst. Einige liefern bis heute Strom, andere wurden stillgelegt. Neue Anlagen entstanden, wie das Kraftwerk Langenegg oder jüngst das Kraftwerk in Au. Neue Kraftwerke im Bregenzerwald sind bereits in Planung. Längst wurde die Technik der Zeit angepasst. Dennoch basiert der heutige Wissensstand auf der Innovationskraft und dem Mut zum Risiko der Pinoniere der Wasserkraft
Das Schönste kommt wie immer zum Schluss.
Im Elternhaus meiner Mutter in Andelsbuch, Moos 87 befand sich eine Rotgerberei, die mit einem Wasserrad angetrieben wurde. Der Mooser Graben wurde gestaut und ich habe als Bub dort gebadet. Der Weiher lieferte das Wasser für das Wasserrad.
Links zu sehen das Stampfwerk mit dem Wasserrad, rechts das Hinterhaus mit dem Stall.
v.l.n.r.: meine Cousine Marika Schneider, meine Cousins Walter und Benno Pfanner, mein Onkel Walter Pfanner.
Mein Onkel Christian Pfanner war der letzte Gerber in Andelsbuch und hat später die Gerberei von damals aufgeschrieben. Der Bericht schildert eindrücklich, was mit Wasserkraft alles bewegt wurde in einem kleinen Handwerksbetrieb.
Bezeichnenderweise hat Vetter Christian danach bis zu seiner Pensionierung im E-Werk in Andelsbuch gearbeitet.
Josef Moosbrugger aus Egg (Sattlars Sepp) hat mir einmal folgende Geschichte erzählt. Er musste als Bub öfters mit seinem Bruder Elmar bei meinem Großvater in Andelsbuch für seinen Vater Leder holen. Die Mooser Kinder haben haben im Weiher gebadet. Sepp und sein Bruder hatten allerdings keine Badehosen. Daraufhin hat ihnen Vater Hans aus einem alten Kanapee Stoff Badhosen genäht. Voller Freude seien sie ins Moos gewandert und haben mit den anderen Kindern gebadet. Als sie aus dem Wasser kamen, waren die Badehosen an den Knien und wogen ungefähr 10 kg. Es kommt eben immer auf die Materialwahl an.
Einige Aufnahmen und Texte stammen aus dem Buch 'Strom prägt ein Jahrhundert, 100 Jahre VKW'.
Einige Aufnahmen und Texte stammen aus dem Buch 'Wasserkraft und Stromerzeugung im Einzugsgebiet der Bregenzerach' von Johann Kaufmann.
Die Bilder vom Bau des E-Werks Andelsbuch stammen aus dem Archiv der Illwerke- VKW.
Ich möchte mich recht herzlich bedanken:
bei Mag. Katrin Netter, Bregenzerwald Archiv, Egg für die Überlassung von Literatur.
bei Walter Metzler, Egg für die Überlassung von Literatur.
bei Benno Pfanner, Andelsbuch für die Überlassung des Bildes und der 'Gerberei' Geschichte.
bei Adolf Jackel, Egg für die Überlassung von Bildern und Informationen
bei Silvester Ratz, Egg für die Überlassung von Informationen und Druckwerken
bei Maria Greber für die vielen Informationen
bei Mag. Elisabeth Wicke, Mellau für Geburt- und Sterbedaten der Pioniere.
DANKE
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Alle meine Blog Beiträge sind unentgeltlich. Aber ich würde mich sehr über einen Besuch in meiner kleinen Bar in Egg, Großdorf freuen.
Klaus Riezler.
Sehr geehrter Herr Rietzler,
Hallo Klaus,
vielen Dank für den Beitrag "Pioniere der Wasserkraft".
Ich wusste bis heute nicht, daß mein Urgroßvater, Hermann Moosbrugger, im Vorsäß Boden ein Wasserkraftwerk betrieben hat.
Werner Rüf, Au